Das erste Junior Scientist Zoonoses Meeting fand 2013 statt. Über die folgenden Jahre entwickelte es sich zu einem etablierten jährlichen Event für junge Wissenschaftler*innen aus der Zoonosenforschung. Es ist ein Forum für Nachwuchswissenschaftler*innen zum Austausch untereinander, für die Schulung der eigenen Fachkenntnisse und den Aufbau des eigenen Netzwerkes.
Als Veranstaltungsort für das Meeting 2020 war das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig vorgesehen. Alles war geplant und bereit. Das Programm war finalisiert, die Gastredner*innen eingeladen, die Posterwände bestellt und das Menü fürs Catering stand. Doch dann kam SARS-CoV-2 dazwischen…
Die Auswirkungen der Pandemie
Die aufgrund der Coronavirus-Pandemie erlassenen Kontakt- und Reisbeschränkungen machten das JSZM in der geplanten Form 2020 unmöglich. Aber die moderne Technik erlaubte das virtuelle Zusammensein ohne ein Infektionsrisiko eingehen zu müssen. Also wurde kurzerhand ein Onlinekonzept auf die Beine gestellt. Erfreulicherweise erklärten sich die meisten Gastredner*innen bereit, ihren Vortrag auch online zu halten. Der fachliche Austausch der Nachwuchswissenschaftler*innen untereinander wurde durch einen digitalen Abstractband ermöglicht, der die Kontaktadressen aller Erstautor*innen enthält (Abb. 1). Auf diesem Weg können sich die Teilnehmer*innen im Nachgang zum Meeting über die eigenen Arbeiten austauschen.
Abb. 1: Cover des digitalen Abstractbandes des JSZM 2020
Die Pandemie und junge Wissenschaftler*innen
Das Treffen selber fand in zwei Onlinesessions statt, eine am 04. und eine am 05. Juni 2020. Eröffnet wurde das Treffen durch Dr. Dana Thal. Frau Thal stellte die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen als Gastgeber der Veranstaltung vor und gab einige Einblicke in die aktuellen Aktivitäten der Plattform. Aber der Grundgedanke des Meetings, die Förderung des wechselseitigen Austausches, sollte auch bei dem Online-Meeting Beachtung finden. Daher waren nun die Teilnehmenden gefragt, darzustellen, in wie weit die Coronavirus-Pandemie ihre eigene Arbeit beeinflusst. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden gab an, dass die Pandemie ihre Arbeit negativ beeinflusst. Insbesondere der eigene Zeitplan und die Laborarbeit war bei den Teilnehmenden betroffen, aber auch die Kooperation mit anderen Wissenschaftler*innen und die eigene Work-Life-Balance (Abb. 2A). Für die andere Hälfte der Teilnehmenden brachte die Pandemie keinerlei Veränderungen (Abb. 2B). Alle Teilnehmenden befinden sich noch in der Doktorandenzeit.
A
B
Abb. 2 A+B: Ergebnisse der Befragungen der Teilnehmer*innen des JSZM 2020 zu den Einflüssen der Coronavirus-Pandemie auf ihre eigene Arbeit.
Wertvolle Tipps für die eigene Karriere
Den Einstieg in die Vorträge der geladenen Gastredner*innen übernahm Prof. Dr. Thomas Vahlenkamp. Der Dekan der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig begann mit einem Überblick über seinen eigenen Karriereweg. In anschaulicher Art und Weise arbeitete er heraus, wie sich die eigene Karriere in Form eines Baumes darstellen lässt, der durch die in der Ausbildung erworbenen Expertisen verwurzelt ist und sich in die individuell entwickelnden Fachkenntnisse verästelt. Die Ausbildung des eigenen Fachgebietes definiert die Gestalt des Baumes und die Positionierung als Wissenschaftler*in in der Forschungscommunity. In eines seiner eigenen Fachgebiete, die Erforschung feliner Paramyxoviren, gab er anschließend ein paar spannende Einblicke.
Tierversuche, Biosafety und Biosecurity – wichtige Themen in der Zoonosenforschung
Christina Baumbach stellte in ihrem Vortrag die Vereinigung Pro-Test Deutschland e.V. vor. Der Verein bestehend aus Tierpfleger*innen Studierenden, Forscher*innen und Tierärzt*innen bemüht sich einen konstruktiven und offenen Dialog zum Thema Tierversuche in der Gesellschaft zu fördern. Ein spannendes Thema für Wissenschaftler*innen in der Zoonosenforschung, die in ihrem Bekannten- oder Familienkreis durchaus mit emotionalen Debatten zum Thema Tierversuche konfrontiert sein können.
Aber auch Forschung an gefährlichen Erregern ist ein teils kontrovers diskutiertes Thema. Die Rahmenbedingungen für diese Forschung in Form von Biosafety- und Biosecurity-Regelungen in Deutschland stellte Dr. Sandra Diederich vom Friedlich-Loeffler-Institut vor. Beide Begriffe werden in der deutschen Sprache mit „Biologische Sicherheit“ übersetzt. Allerdings deckt Biosafety die Maßnahmen ab, welche dem Schutz gegenüber biologischen Arbeitsstoffen dienen sollen, während Biosecurity-Maßnahmen den unberechtigten Zugriff auf solche Materialien verhindern sollen. Beide Bereiche sind jedoch eng miteinander verzahnt. Die komplexen Regelungen wurde übersichtlich von Dr. Diederich zusammengefasst, die selber für die Arbeit unter der höchsten Sicherheitsstufe (biosecurity level (BSL) 4) geschult ist; wertvolles Wissen für Forscher*innen, die eines Tages vielleicht selber ein Sicherheitslabor leiten werden.
Zoonosenforschung hat viele Gesichter
Den Start in den zweiten Tag des Meetings übernahm Dr. Kornelia Ehrlich. Als Leiterin der Reserach Academy der Universität Leipzig stellte sie Programme und Förderangebote für junge Wissenschaftler*innen vor.
Zudem gaben am zweiten Tag des JSZM 2020 drei Wissenschaftler*innen jeweils Einblick in ihre spannenden Forschungsarbeiten: Die Medizinerin Dr. Andrea Kindler-Röhrborn vom Universitätskrankenhaus in Essen thematisierte die Geschlechterunterschiede und deren Bedeutung für die medizinische Forschung. Ein Thema was über viele Jahre wenig Beachtung in der Medizin fand. Dr. Sebastian Ulbert vom Fraunhofer Institut IZI berichtete über neue spannende Ansätze für die Impfstoffentwicklung in seinem Arbeitskreis. Und zum Schluss begeisterte Prof. Dr. Eva Herker von der Phillips-Universität in Marburg mit einem Vortrag über ihre Forschungsarbeiten zu Virus-Wirts-Interaktionen und der Rolle von Lipiden in diesem Kontext. Die Tatsache, dass ihre Forschungskarriere zunächst mit Hefen begann bevor sie ihr Forschungsthema bei den Viren fand, ist ein weiterer Beleg dafür wie individuell und vielseitig die Karrierewege von Wissenschaftler*innen in der Community aussehen können.
Wir können auch online
Am Ende des Meetings stand fest: die Online-Premiere war geglückt und die Entscheidung für ein Onlineformat statt einer Veranstaltungsabsage war die richtige. Dies bestätigten im Nachhinein auch überwältigende 100% in einer Evaluation des Meetings (Abb. 3). Zudem konnten im Rahmen der Evaluation viele tolle Ideen und Anregungen für das JSZM im nächsten Jahr gesammelt werden.
Ob dies in gewohnter Form oder online stattfinden können wird, bleibt abzuwarten. Nach der Erfahrung mit dem JSZM 2020 können wir aber sicher sagen, dass beides möglich ist und dass es auf jeden Fall ein Meeting für den Nachwuchs im nächsten Jahr geben wird.
Abb. 3: Ergebnis der Befragung der Teilnehmer*innen im Nachgang zum JSZM 2020