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Asiatische Tigermücke auf dem Vormarsch

© James Gathany

Asiatische Tigermücke auf dem Vormarsch

Die Tropen sind keine weit entfernte Vorstellung mehr, sie sind bereits unter uns. Ursprünglich tropische Bewohner haben den Süden Europas und mittlerweile sogar Teile Deutschlands für sich erschlossen, und ihre Ausbreitung nimmt beständig zu. Ihr Weg führt sie immer weiter Richtung Norden. Die Fracht, die sie dabei mit an Bord haben können, ist vielfältig – und kann äußerst gefährlich sein.

 

Die Mücke ist leicht erkennbar, denn sie trägt auffällige Streifen: die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), gelegentlich auch „Tigermoskito“ genannt. An ihrer schwarz-weißen Musterung und der am Hinterkopf ansetzenden weißen Linie, die sich bis zum Flügelansatz erstreckt, ist sie leicht zu erkennen. Und das, obwohl sie gerade einmal bis zu maximal 0,9 Zentimeter groß werden kann, was im Vergleich zu anderen Stechmücken wie etwa der in Deutschland ursprünglich heimischen relativ klein ist.  Man sollte sie erkennen können, denn sie kommt mittlerweile auch in Deutschland vor und unterscheidet sich von anderen Mücken: Ihr Stich ist nicht nur lästig, er kann leider auch unangenehme Folgen haben.

Die Nachwuchsgruppe AECO unter der Leitung von Prof. Dr. Ruth Müller an der Universität Antwerpen befasst sich innerhalb des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten mit der Asiatischen Tigermücke. Ziel ist es, Verbreitungsmodelle aufzustellen und die Wirksamkeit von Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen zu untersuchen. Dass dies ein wichtiger Ansatz ist, zeigt allein die Tatsache, dass die Asiatische Tigermücke diejenige Mückenart ist, die sich weltweit am aggressivsten ausbreitet.  Wichtige Fragen müssen daher beantwortet werden: Wie breitet sich die Asiatische Tigermücke in klimatisch kühleren Regionen aus? Welche genauen Bedingungen muss sie dafür vorfinden? Wie genau geschieht das Zusammenspiel zwischen Mücke und Mensch?

Aus den Tropen und Subtropen Süd- und Südostasiens stammend hat die Asiatische Tigermücke einen weltweiten Siegeszug vollzogen. Für eine Mücke, die als schlechter Flieger gilt und selbstständig gerade einmal Distanzen von maximal 200 Metern zurücklegt, ist das beachtlich. Um die Welt zu erobern, musste die Mücke tricksen: Für ihre massive Ausbreitung nutzte sie die Globalisierung, genauer den internationalen Warenaustausch, insbesondere offenbar den Handel mit Gebrauchtreifen.  

Eigentlich werden diese Reifen, die per Schiff aus Asien und den USA kommen, geschreddert und anschließend für den Straßenbau verwendet. Doch zuvor findet die Tigermücke noch auf der Reise in den Wasserpfützen, die sich durch Regen in den Reifen gesammelt haben, ideale Bedingungen für die Eiablage. Sogar wenn also die Mücke nicht selbst als Passagier auf dem Schiff dabei ist, ihre Eier sind es. Bei warmen Temperaturen entwickeln sich die Larven in den Wasserpfützen der Reifen bis zur Ankunft zu neuen Mücken und gehen dann am Zielort mit von Bord. Die Eier sind aber auch gegen Austrocknung sehr resistent. Sollte es auf der Reise also zu kühl oder zu trocken für eine Entwicklung der Eier und Larven sein, kann die Entwicklung auch einfach später unter geeigneteren Bedingungen am Zielort stattfinden.

Die hohe Anpassungsfähigkeit der Asiatischen Tigermücke trägt einen weiteren wichtigen Beitrag zu ihrer Ausbreitung bei. So hat sie sich in zahlreichen Ländern wie beispielsweise Spanien und Italien bereits etabliert. Aber auch in Deutschland wird sie immer öfter gesichtet. Und nicht nur das: Während ab 2007 nur vereinzelte Exemplare hierzulande auftauchten, gibt es heute in den Sommermonaten größere Populationen – und ihre Larven können die Wintermonate überleben.

Rund zwei Mikroliter nimmt die weibliche Mücke mit ihrer Blutmahlzeit auf. Und schon drei bis fünf Tage nach ihrer Paarung legt sie ihre Eier oberhalb kleiner Wasseransammlungen ab. Astlöcher, Regenfässer, Vogeltränken, Blumenvasen, Dosen oder anderweitige stehende Gewässer bieten sich besonders an. 24 Stunden nach einer Eiablage nehmen die weiblichen Mücken erneut Blut auf. Blut, das sie für die Eibildung benötigen. So bringt es eine weibliche Mücke auf 300 bis 350 Eier in ihrem Leben.

Ein großer Unterschied zur Gemeinen Stechmücke (Culex pipiens) ist, dass sich die Tigermücke nicht nur in der Dämmerung zeigt. Sie sticht auch tagsüber und bevorzugt dabei Säugetiere. Um eine vollständige Blutmahlzeit zu bekommen, bedient sie sich mitunter mehrerer Wirte nacheinander, weil sie bei der Blutaufnahme durch die Aktivität der gestochenen Tiere unterbrochen wird. Damit das Blut, das sie durch ihren Stechrüssel aufnehmen will, nicht gerinnt, stößt sie beim Stichvorgang zunächst ein Speichelsekret aus. Mit diesem Sekret jedoch überträgt sie die Viren, die sich bereits in ihr vermehren oder die sie bei einem Vorgängerwirt aufgenommen hat. Die Mücke wird zu einem Überträger, dem sogenannten Vektor.

Dabei hat sich die Asiatische Tigermücke als Überträger von gleich mehreren zoonotischen Infektionskrankheiten erwiesen. Schätzungen zufolge hat sie alleine ein Übertragungspotenzial für mehr als 20 verschiedene Virusspezies. Besonders das Dengue-, Gelb- und Chikungunya-Fieber gehen auf Viren zurück, die die Mücke verbreitet. Aber auch für das Japanische-Enzephalitis-Virus, das West-Nil- und das Zika-Virus kann sie der Überträger sein.

In den vergangenen Jahren erkrankten bereits immer wieder Menschen in Südeuropa an dem Dengue- und Chikungunya-Fieber. Im Herbst 2019 wurden die ersten beiden in Südfrankreich angesteckten Zika-Erkrankungen bekannt. Auslöser in allen Fällen: Ein Stich der Asiatischen Tigermücke.

Die entsprechende Mücke ist also bereits in Europa angesiedelt. Für eine regelmäßige Ausbreitung der genannten Erkrankungen fehlt bisher noch die weite Verbreitung der Viren in größerer Zahl. Dann wäre ein stabiler Zyklus des Virus zwischen Mücke und Wirt gegeben und eine epidemische Ausbreitung der Erkrankungen ließe sich nur schwer verhindern.

 

Quellen:

  • https://www.umweltbundesamt.de/asiatische-tigermuecke#gefahrenabschatzung
  • https://www.br.de/wissen/asiatische-tigermuecke-buschmuecke-muecke-100.html
  • https://www.umweltbundesamt.de/themen/achtung-tigermuecke
  • https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klima-wie-sich-die-tigermuecke-richtung-europa-ausbreitet-a-1289732.html
  • https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-08/krankheitserreger-epidemien-kongo-ebola-anfaelligkeit-anthropozaen-ausbruch
  • http://www.iucngisd.org/gisd/species.php?sc=109
  • https://www.padil.gov.au/pests-and-diseases/pest/main/136221
  • https://www.biologie-seite.de/Biologie/Asiatische_Tigerm%C3%BCcke