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Schweinezucht und Mückenstiche

© Sasin Tipchai

Schweinezucht und Mückenstiche

Auf den ersten Blick haben die bayerischen Alpenvorregionen nur wenig gemeinsam mit Gebieten im subtropischen Vietnam. Zugegeben, auf den zweiten Blick ändert sich das auch nicht wirklich. Wird man allerdings ziemlich kleinteilig, also molekularbiologisch, dann lässt sich in beiden Regionen ein endemisches Virus ausmachen, das beim Menschen zu einer Entzündung der Gehirnhaut und sogar des gesamten Gehirns führen kann. Und beide Viren werden saisonal durch Stiche weitergegeben.

 

Sowohl das Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus als auch das Japanische Enzephalitis-Virus (JEV) sind durch Vektoren übertragene RNA-Viren, die zur Familie der Flaviviren gehören, so wie die Erreger des Dengue- und des Gelbfiebers. Das Genom des JEV besteht aus einer einzelsträngigen Plus-Strang-RNA.

In Asien ist die Japanische Enzephalitis (JE) Hauptursache für die dort auftretenden Hirnentzündungen. Auch wenn der Name zunächst in die Irre führt: Die JE ist in ganz Asien weit verbreitet. Betroffen sind unter anderem Vietnam, China, Japan, Indonesien, Thailand, Korea, Indien und die Philippinen. Auch in Nord-Australien ist das Virus mittlerweile endemisch. Jährlich rund 68.000 symptomatische Fälle werden registriert, wobei die WHO die tatsächliche Zahl zehn Mal höher schätzt. 

Während in Europa die Zecken Überträger der FSME sind, verbreitet sich die JE in Asien über Mücken der Gattungen Culex und Aedes. Bei beiden erfolgt die Infektionen durch den Stich des Vektors. Und wie auch bei den Zecken ist die Durchseuchungsrate der Mücken regional stark unterschiedlich.   

Von besonderer Bedeutung für die Übertragung des JEV sind Schweine bzw. Schweinezuchten in Sumpfgebieten oder Arealen mit stehendem oder künstlich erzeugten Gewässern wie etwa Reisfelder. Bis zu 1000 Mückenstiche kann dort ein Schwein in nur einer Nacht bekommen – wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich das Virus verbreitet. Denn Schweine sind Träger und Amplifikatoren des JEV. Auch können Schweine das Virus untereinander übertragen. So kann im Schwein eine hohe Viruslast vorhanden sein, ohne dass es selbst erkrankt. Ebenso wenig wie Wildvögel und Fledermäuse, die Reservoirtiere des Virus sind.

Infiziert eine Mücke, die das Virus in sich trägt, durch ihren Stich jedoch einen Menschen, kann es zu schweren Komplikationen kommen. Die meisten Infektionen verlaufen zwar mild oder symptomlos, doch bei etwa 0,25 Prozent aller Infektionen kommt es zu einem schweren Verlauf, aus dem sich eine Hirnentzündung entwickeln kann, die bleibende Hirnschäden und Lähmungen nach sich ziehen kann oder gar tödlich endet. Nach einer Inkubationszeit von fünf bis 15 Tagen treten zunächst Grippe-ähnliche Symptome wie Fieber und Gliederschmerzen auf. Bei einem schweren Verlauf befällt das Virus das Zentralnervensystem, wobei es dann zu den beschriebenen Komplikationen kommt. Während ein Drittel der schwer Erkrankten verstirbt, bleiben bei 30 bis 50 Prozent der Überlebenden dauerhafte psychisch-neurologische Schädigungen.

Innerhalb des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten geht die Nachwuchsgruppe RNA-VIRT unter anderem der Frage nach, welche Faktoren für eine Infektion und der sich anschließenden Pathogenese entscheidend sind. Weshalb und wie unterscheidet sich im Hinblick auf den Eintritt in die Zelle und die Replikation die Ausbreitung der Viren in den verschiedenen Wirten? Welche Wechselwirkungen finden hier statt? Antworten auf solche Fragen könnten eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von therapeutischen Ansätzen spielen.

Denn eine gezielte Therapie gegen die Japanische Enzephalitis gibt es bislang genauso wenig wie gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis.

Zwar gibt es gegen beide Infektionen eine Schutzimpfung für den Menschen, doch kann diese nicht dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Da die Viren nicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind und in der Tierwelt zirkulieren, schützt die Impfung nur den jeweils Geimpften. Jedoch konnte in Japan die Zahl der JE-Erkrankungen beim Menschen reduziert werden, indem eine systematische Durchimpfung von Haustieren durchgeführt wurde.

 

  Quellen:

  • https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/JapanEnzephalitis/FAQ-Liste_JapanEnzephalitis_Impfen.html;jsessionid=F1DC539AC1DF913A7234AD43EF17481D.internet062?nn=2375548
  • https://www.dtg.org/index.php/empfehlungen-und-leitlinien/empfehlungen/impfungen/impfrisiko-aufklaerung/uebersicht-der-reiseimpfungen/240-japanische-enzephalitis.html
  • https://www.fli.de/de/institute/institut-fuer-neue-und-neuartige-tierseuchenerreger-innt/referenzlabore/nrl-fuer-jev/
  • https://www.labor-spiez.ch/pdf/de/dok/fas/Japanese_Encephalitis_d.pdf